12. Dezember 2023

Die Kitsune Mythologie – Neunschwänzige Fuchs-Geister Japans

Die einheimische Shintō-Religion hat sich trotz des Buddhismus erhalten und so gibt es allerlei Vorstellungen über die verschiedensten Geister, welche aus der japanischen Mythologie und dem Volksglauben stammen.

Kitsune (狐) steht im Japanischen im Tierreich für den Rotfuchs (Vulpes vulpes) sowie den Eisfuchs (Alopex lagopus). Den Füchsen sagt man im Volksglauben seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. diverse Zauberkräfte nach. Dabei wird zwischen den Füchsen (zenko 善狐) und den Fuchsgeistern oder auch Wildfüchsen (yako 野狐) unterschieden. Füchse werden in Japan dabei recht positiv wahrgenommen, sodass sie für die Menschen eine Belohnung vergeben können, aber gleichzeitig auch eine Bestrafung jederzeit möglich ist. Sie handeln in jedem Fall als Boten der Reisgöttin Inari.

Fuchsgeister können theoretisch in der Form eines normalen Fuchses erscheinen, sich aber auch in normale Menschen verwandeln. In den meisten Fällen nehmen die Fuchsgeister die Gestalt von Frauen an.

Zudem soll der Fuchsgeist laut Volksglauben alle 100 Jahre den Schwanz spalten und damit seine magische Kraft verdoppeln. Nach 1000 Jahren wird ein Fuchsgeist dann zum „neunschwänzigen Fuchs“ (kyūbi no kitsune, 九尾の狐) und hat die ganze mögliche Stärke erreicht. Es handelt sich am Ende um einen weißen Fuchs mit neun Schwänzen. Seine ganze Kraft setzt er dann zum Wohle der Menschen ein.

Füchse werden im japanischen Volksglauben mit Feuer und Illusionen in Verbindung gebracht. Es gibt es sogenannte „Fuchsfeuer“ kitsunebi (狐火), die wie Irrlichter beschrieben sind. Anders als Irrlichter werden sie aber als Glücksbringer begriffen, allerdings gibt es auch Negativbeispiele.

Im Shintoismus gibt es viele Kami (Gottheiten oder Geisterwesen), welche den Menschen behilflich sind. Die Füchse werden als Boten der Reisgöttin Inari zugeordnet. Sie kann den Reisbauern und Warenhändlern Fruchtbarkeit für die Felder und großes Wachstum auf den Handelsstätten schenken. Aus dem Grund sind ein Drittel der Shintō-Schreine in Japan der Reisgöttin gewidmet.

Tsukimono sind im japanischen Volksglauben Wesen, die sich menschliche Körper aneignen können. Sie treiben dann mit den menschlichen Körpern besonderen Schabernack. Der von dem Tier besessene muss mit sozialen Problemen im Alltag rechnen. Kitsune-tsukai galten in Japan als Bändiger von Fuchsgeistern, welche die Wesen auf unliebsame Nachbarn hetzten konnten. Vor allem in der Edo-Periode (1603-1868) kam es immer wieder zu Anklagen der Hexerei mit Füchsen. Die beschuldigten wurden gemieden, diskriminiert und konnten sogar aus dem Dorf geworfen werden. Bei anstehenden Hochzeiten wurde zudem genauestens untersucht, ob keine Verbindungen zu Menschen mit besessenem Blut in der neuen Familie bestanden. „Fuchsbessenheit“ (kitsune tsuki) war in den vergangenen Jahrhunderten demnach ein ernstes Problem. In japanischen Medizinwerken von 1912 wurde die Besessenheit von Tieren noch als großes Problem beschrieben – der Volksglauben hatte demnach eine immense Verbreitung.

Die Japaner nahmen einst an, dass Kitsune menschliche Gestalt annehmen können, wenn sie wenigstens 100 Jahre alt sind. Der Fuchs musste dann Schilf oder andere breite Blätter auf den Kopf legen, um sich in eine schöne Frau oder einen anderen Menschen zu verwandeln. Vor allem in alten japanischen Gemälden wurden Frauen aus dem Grund mit langem Gesicht und dünnen Augenbrauen dargestellt. Diese Art der Darstellung wurde für attraktiv und fuchsartig gehalten.

Einige Forscher gehen davon aus, dass die Kombination von Anmut und Eleganz sowie der Ruf als tödlicher Jäger dazu führten, dass Füchse in Japan als Wesen mit starker und meist weiblicher Sexualität verbunden wurden.

Es gibt viele Erzählungen von Füchsen in den asiatischen Kulturen. In China gilt der Fuchs als sehr listiges Wesen. Sie kommen dort meist als Frauen, verführen einen Mann und werden durch den Geschlechtsverkehr unsterblich, da sie dem Mann die Lebenskraft rauben. Man glaubte jedoch in China im Allgemeinen, dass die Person, welche zuerst den Orgasmus beim Geschlechtsakt erreichte, einen Teil der Lebenskraft auf den Partner überträgt, wenn er den Orgasmus unterdrücken kann.

In der japanischen Mythologie scheinen diese Geschichten als Vorbilder gedient zu haben. Allerdings stellen die Geschichten aus Japan solche Fuchs-Frauen als Fluch und Segen zugleich dar – die ersten Geschichten lassen sich im 9. Jahrhundert belegen, die Sammlung der buddhistischen Fabeln Nihon ryōiki beinhaltet eine solche Geschichte. In den meisten Legenden kommt eine romantische Natur zum Vorschein. Die Fuchs-Ehefrau wird als hingebungsvolle Ehefrau, bis der Mann irgendwann den Schwanz des Fuchses entdeckt und die Frau enttarnt. In dem Fall verlässt die Familie und deren Kinder sofort.

In einigen Fällen erwacht der Mann auch orientierungslos und verlassen aus einem Traum und muss dann voll Schande zu seiner Familie zurückkehren. Kinder von Fuchs-Frauen haben psychische oder andere übernatürliche Kräfte.

Die Hochzeit von zwei Füchsen gibt es ebenfalls. Wenn es bei einer Hochzeit regnet und die Sonne scheint, spricht der japanische Volksmund von einer Fuchshochzeit (kitsune no yomeiri 狐の嫁入り). Interessant ist dabei, dass in Armenien und Kalabrien dem Wetterphänomen ebenfalls eine Fuchshochzeit zugeschrieben wird.

Kitsune sind dennoch in der Lage Menschen zu vergiften, in sie einzufahren, und ihre Erinnerungen beziehungsweise das Wissen zu löschen. Beliebte Opfer sind dabei buddhistische Mönche oder auch Kaufleute.

Im Nihon shoki („Annalen Japans“), welche um 720 geschrieben wurden, wird von einem weißen Fuchs als glücksverheißendes Omen berichtet. In jedem Fall haben Füchse übernatürliche Kräfte welche sie für das Böse und Gute einsetzen.

Im Nihon Ryōiki (日本霊異記, dt. „Aufzeichnungen über Wunder in Japan“), welche um 822 vollendet wurden, zeigt sich dagegen eher ein durchmischtes Bild. Zwar gibt es eine Geschichte, bei der die Verbindung von Fuchs-Frau und Fuchs-Mann sehr positiv gesehen wird, aber die Nachfahren nutzen ihre Kräfte eher ein, um Menschen zu tyrannisieren und Racheakte zu vollführen. Sie waren folglich eher negativ behaftet.

Trotzdem sieht der Shitoismus Füchse sehr positiv als Boten der Reisgöttin Inari. Es werden dort vor allem weiße Füchse verehrt, die dann auch Fruchtbarkeit symbolisieren. Sie bringen den Menschen Schutz und vertreiben böse Geister. Die Wächter-Statuen von Füchsen werden an zu schützenden Objekten meist an nordöstlichen Toren aufgestellt, da sie als Dämonentor gelten. Ansonsten halten Kitsune ihre Versprechen und Zahlen immer ihre Schulden.

Vorstellungen des Shintoismus zeigen sich immer wieder in der japanischen Spiele- und Filmpopkultur. Fuchsartige Charaktere in Animes spiegeln die wichtigsten Eigenschaften von Kitsune wieder – Listigkeit, Intelligenz, Schmeichelhaftigkeit, Erotik und die Schönheit. Beispiele lassen sich dabei in beliebten Manga-Reihen wir Naruto, Inu Yasha, Okami und Wagaya no Oinari-sama finden.

In dem Multiplayer-Online-Battle-Arena-Spiel „League of Legends“ gibt es einen fuchsartigen Charakter mit dem Namen Ahri. Sie teilt ebenfalls die klassischen Eigenschaften der Kitsune. Sie kann bei einer Attacke auf das Herz eines Gegners schießen und ihn so ganz benommen machen.

Bei der Anime-Serie Pokémon gibt es zudem das Feuerwesen Vulpix, welches sich in Vulnona verwandeln kann. Das Tier spielt auf die Legende vom neunschwänzigen Fuchs an, der nach 1.000 Lebensjahren durch Teilung des Schwanzes alle 100 Jahre entstehen soll.

Die Leibspeisen von Kitsune waren im Übrigen süßer Reis, azukimeshi (dicke rote Bohnen) und frittierter Tofu. In der Meiji Zeit (1868-1912) hat sich daraus eine Speise mit dem Namen Kitsune Udon entwickelt. Eine Nudelsuppe mit Udon-Nudeln und frittierten Tofuscheiben. In der östlichen Kantō Region gibt es die Suppe auch als Kitsune Soba mit Sobanudeln.